Wir bekommen in unserem Umfeld immer wieder mit, dass große Verunsicherung herrscht, wenn es darum geht, ob man sein Pferd mit Leckerlis „dick“ füttert. Unserer Meinung nach ist das sehr unwahrscheinlich. Warum das so ist und wie man berechnen kann, ob das eigene Pferd zu viel oder zu wenig Energie zu sich nimmt, besprechen wir in diesem Artikel.
Kann man Pferde mit Leckerli wirklich dick füttern?
Mit Nora und BumbleBee haben wir zwei sehr unterschiedliche Pferde mit stark unterschiedlichen Bedürfnissen, an denen wir sehr gut zeigen können, wie die Berechnungen funktionieren. Vorweg sei gesagt, für eine vollständige Rationsplanung genügt es natürlich nicht, sich nur die Energie anzuschauen. Auch Mineralstoffe, Vitamine und Protein müssen ausreichend gefüttert werden.
Als ersten Schritt betrachten wir einmal die beiden Pferde:
Nora ist eine zwanzig Jahre alte Haflingerstute, sie wird im Offenstall gehalten und ca. vier Mal pro Woche geritten. Sie wiegt ca. 500 Kilogramm und ist damit normalgewichtig, sollte aber auch nicht zunehmen.
Bumble ist ein acht Jahre alter Sportpferdewallach. Er wird ebenfalls im Offenstall gehalten, aber im Gegensatz zu Nora mehr geritten/gearbeitet. Er wiegt ca. 700 Kilogramm und ist ebenfalls normalgewichtig.
Im zweiten Schritt müssen wir ermitteln, welchen Energiebedarf die beiden Pferde haben.
Hierfür ziehen wir die Empfehlungen der GfE zu rate. Die Empfehlungen der GfE beziehen sich auf ein in der Box gehaltenes, normalgewichtiges Pferd mit einem durchschnittlichen Trainingszustand. Da das auf unsere beiden Beispielpferde nicht zutrifft, müssen zusätzlich Korrekturfaktoren berücksichtigt werden.
Bumble hat grundsätzlich einen täglichen Erhaltungsbedarf von 71 MJ ME. Bei Nora beträgt der tägliche Erhaltungsbedarf nur 43 MJ ME, da sie weniger wiegt als Bumble und weil für Haflinger eine bessere Futterverwertung angenommen werden kann. Das ME ist dabei die Abkürzung für die umsetzbare Energie (engl. metabolizable energy). Das bedeutet, dass die Energieverluste über Kot, Harn und Methan bereits abgezogen wurden. MJ steht für Megajoule und ist die Einheit für Energie.
Da beide im Offenstall leben, wird der Erhaltungsbedarf um 10 % nach oben korrigiert. Da beide relativ normalgewichtig sind und in einem durchschnittlichen Trainingszustand, werden keine weiteren Zu- oder Abschläge angerechnet.
Zusätzlich zum Erhaltungsbedarf muss natürlich auch der Leistungsbedarf für ein Reitpferd berücksichtigt werden. Der beträgt bei leichter Arbeit bis zu 25% des Erhaltungsbedarfs. Wir nehmen für Bumble 25 % an und für Nora 15 %, da sie weniger geritten wird.
Insgesamt braucht Bumble daher ca. 78,1 MJ ME für die Erhaltung und 97,6 MJ ME inklusive Leistungsbedarf. Nora braucht 47,3 MJ ME für die Erhaltung und 55,4 MJ ME inklusive Leistungsbedarf.
Der wichtigste Teil der Ration ist natürlich das Heu.
Da beide im Offenstall stehen und fressen können, so viel sie wollen, ist die genaue Heuaufnahme unbekannt. Wir nehmen daher 1,5 kg pro 100 kg Lebendmasse an, da das die gängige Empfehlung ist. Das entspricht 10,5 kg Heu für Bumble und 7,5 kg Heu für Nora.
Nach Angaben der LUFA beinhaltete das Heu von 2018 – 2023 im Schnitt 7,3 MJ ME. Das bedeutet das Bumble über das Heu etwa 76,7 MJ ME aufnimmt und Nora etwa 54,8. Während Nora also über das Heu ihren täglichen Bedarf decken kann, muss Bumble mindestens 20 MJ ME über ein Kraftfutter zugefüttert bekommen.
Wenn ihr euch an unsere Fütterungsempfehlungen haltet, nimmt euer Pferd mit 300g Leckschale oder Kräuterkringel etwa 3,3 MJ ME zu sich. Das bedeutet, Nora sollte an so einem Tag eine kleine Extratrainingseinheit machen. 3,3 MJ ME entsprechen etwa sieben Minuten Galopp oder fünfzehn Minuten Trab. Bumble braucht dagegen immer noch mindestens 17 MJ ME über sein Kraftfutter.
Wenn ihr euch dagegen für unsere Moppel-Pony-Leckerlis entscheidet, nimmt euer Pferd bei 300g nur etwa 2,2 MJ ME zu sich. Das entspricht nur fünf Minuten Galopp oder knapp zehn Minuten Trab. Und 300g Leckerli sind schon ganz schön viel. In der Regel bekommt ein Pferd, auch wenn es eine Hand voll Leckerli bekommt keine 300g sondern eher 50-60g. Ähnlich ist es bei der Leckschale auch. 300g entspricht schon 3/4 der Leckschale, die ein Pferd in der Regel nicht so schnell aufgenommen bekommt.
Fazit zu Leckerlis und Zusatzfutter für Pferde
Insgesamt nehmen wir aus den Berechnungen mit, dass bei einem Sportpferd ein Kraftfutter nahezu unumgänglich ist. Und selbst ein Haflinger wird von einem gelegentlichen Leckerli nicht gleich dick. Außerdem ist wichtig im Kopf zu behalten, dass es sich hierbei um Durchschnittswerte handelt. Besonders an kalten Wintertagen können unsere Offenstall-Pferde ein bisschen extra Energie gut gebrauchen.
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